Julian Siegmund Bielicki

 

 

  

Psychotherapie 

  

Freudsche Psychoanalyse

Warum ist die Freud`sche psychoanalytische Sicht not-wendend? 
 

 

 
 

Warum ist die Freud`sche psychoanalytische Sicht not-wendend? 

Ein alter jüdischer Witz lautet: 

In einer dunklen Gasse sucht ein Mann im Licht einer Strassenlaterne seinen Hausschlüssel. Ein Spätheimkehrer kommt vorbei und bietet ihm seine Hilfe an. Nachdem beide eine Zeitlang erfolglos im Licht der Laterne nach dem Schlüssel gesucht haben, fragt er den Pechvogel, wo genau er seinen Schlüssel denn verloren habe. Darauf antwortet dieser, daß ihm der Schlüssel dort drüben, direkt vor der Türe im dunklen Hauseingang, aus der Hand gefallen sei. Und als er gefragt wird, warum er dann so weit entfernt vom Verlustort suche, antwortet er: "Im Hauseingang ist es sehr dunkel, da sehe ich ja nichts, hier dagegen habe ich genügend Licht." 

Wer Erklärungen für menschliche Verhaltensweisen sucht, nach den Ursachen fragt und Lösungen anstrebt, wird sich zurecht dem Lichte der empirischen psychologischen Wissenschaft anvertrauen, die auch durchaus das Problem zu erhellen vermag. Er wird sich jedoch nach einiger Zeit verwundert fragen, aus welchem Grunde man trotz der erhellenden Sichtweise dem Problem noch keinen Schritt nähergekommen ist. Die Ursache liegt wohl noch im Dunkeln. Wie aber soll man im Dunkeln suchen? Der "Lichtkegel" der empirischen Psychologie wird begrenzt durch den Schirm der computerisierten Meßmethoden (um den sie auch stets sehr besorgt ist, damit sie sich vor den Anfeindungen `rational` denkender Kritiker und einer skeptischen Öffentlichkeit zu schützen und sich als die "wahre" Wissenschaft zu präsentieren vermag). 

Die Seele des Menschen bleibt jedoch der dunkle Kontinent, als den ihn schon Freud bezeichnet hat und alle Versuche, ihn nach streng positivistischen, empirisch wissenschaftlichen Maßstäben zu erforschen, haben uns zwar interessante Einblicke gewährt, insgesamt jedoch blieben die Bilder, die man von diesem Kontinent erhielt, seltsam leblos, als prüfe und untersuche man stets nur nach Lage und Anzahl, Größe und Breite die Spuren der dort heimischen Lebewesen, ihre Fährten im Sand, ihre Ausscheidungen, jedoch nie wohin diese Spuren führen, nie das Lebewesen selbst, das immer bereits verschwunden ist, wenn der empirische Wissenschaftler mit seinen Gerätschaften anrückt.  

Psychoanalyse ist ebenso eine Wissenschaft wie die Psychologie, jedoch geht es in ihr mehr um das Verstehen als um das messende Untersuchen. Überspitzt ließe sich der Unterschied in folgendem Beispiel darstellen: 

Der Psychologie wird die Frage gestellt: Was ist ein Apfel? Ein empirischer Psychologe beschäftigt sich mit dem Problem und kommt schließlich zu dem Ergebnis, daß ein Apfel aus zwei Hälften besteht. Ein weiterer Psychologe berichtigt den ersten, daß ein Apfel vielmehr aus vier Vierteln bestehe, ein anderer korrigiert wiederum den zweiten, er bestehe aus acht Achteln. Sie alle haben recht. 

Ein Psychoanalytiker jedoch wird sich zunächst fragen: Wie ist ein Apfel? Was mache ich mit dem Apfel? Ist es sinnvoller, ihn zu essen oder ihn gegen eine Wand zu werfen? Was empfinde ich dabei? Es ist ihm also nicht so wichtig, woraus der Apfel besteht, sondern er nimmt ihn als das, was er ist und fragt sich: Welches Verständnis habe ich von diesem Apfel? (Zur Kritik vor allem an den Methoden der empirischen Psychologie ließe sich noch weitaus mehr anführen. Beispielsweise ist es unter Eingeweihten eine weit verbreitete Tatsache, daß Untersuchungen durchgeführt werden nach Art des unfehlbaren Schützen: Man schießt einen Pfeil ab und dort, wo er auftrifft, malt man später eine empirische Zielscheibe darum. Ein Wissenschaftler meinte, er glaube nur einer Statistik, die er selbst gefälscht habe.)  

Das Licht der empirischen Psychologie reicht nicht. Man muß auf die Knie und mit den Händen tasten, man muß ohne das Licht auskommen, lernen, sich im Dunkel zu bewegen, bis ein anderer Sinn als der unserer Augen uns den Weg zu weisen vermag. Ein Blinder erweckt normalerweise den Eindruck, als fehle ihm eine wesentliche, ja die wichtigste Fähigkeit des Menschen. Im Dunkeln jedoch, da, wo das Licht nicht hinreicht, weiß er sich sicher zu bewegen.

  

  
 
 

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Jewish Submarine under the command of Captain Chaim Piast

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