Julian Siegmund Bielicki

   
 
 

Judaica 
Deutsche unter der Holocaust-Kuppel, genervt 
Maxim Biller: Heiliger Holocaust  
Julian Siegmund Bielicki: Kleines Maxis Holocaust. Prolog und Rückblick 
Trauern Deutsche um die ermordeten Juden?  
Neue Rechte 
Nolte und die Seinen  
Linke und die Ihren  
Und die deutsche Psychoanalyse?  

  

Epilog

Maxim Biller kaempft gegen Windmuehlen, wenn er schreibt, dass Deutschland die von ihm 
ermordeten und vertriebenen Juden beweinen und darunter leiden wuerde. Das ist einfach 
nicht wahr. Deutsche beweinen sich selbst, nicht die Juden. Biller macht irritierte und 
irritierende Gesten, die fuer ihn "nervende" Ungeheurlicheit des Judenmords loszuwerden, 
und führt den Chor der sich selbst bemitleidenden Deutschen vor: "ach, wie schwer haben 
es die Deutschen mit ihrer Geschichte! Sie sind bemitleidenswert, die Armen."  

Es geht jedoch um die Frage, ob Deutsche die Verantwortung fuer ihre Geschichte, 
darunter auch den Holocaust, und nicht nur Bach oder Beethoven, uebernehmen oder nicht. 
Niemand verlangt, dass sich die Nachkriegsgeneration selbst schuldig fuehlt, den dies 
wuerde eine Identifikation mit den Taetern bedeuten. Wenn Biller jedoch seine 
Verantwortung fuer den Umgang mit der Geschichte des Holocausts für sich persönlich 
ablehnt, darf er sich sich zu diesem Thema gar nicht aeussern.  

Seine vordergründig zynische, eigentlich jedoch zutiefst traumatisierte Weise, mit der er 
den Horror behandelt, würde ebenfalls nerven, wenn nicht dahinter eine Hilflosigkeit 
gegenüber der eigenen Geschichte stehen würde, die offenbar lediglich noch eine 
verklausulierende journalistsiche Häme hervorbringen kann, anstatt offen auszusprechen, 
was ihn tatsächlich bewegt.  

Als Timanthes von Kythnos etwa 400 Jahre ante domini den Schmerz der Umstehenden bei 
der Opferung der Iphigenie nach dem Mass der Anteilnahme eines jeden am Tode dieser 
schoenen und unschuldigen Jungfrau darstellen sollte, und da er bereits die aeussersten 
Kraefte seiner Kunst erschoepft hatte, zum Vater des Maedchens gelangte, malte er diesen 
verhuellten Hauptes, gleichsam als vermoechten keine Gesichtszuege ein solches Mass 
von Traurigkeit auszudruecken. Darum laesst auch Ovid jene elende Mutter Niobe, 
nachdem sie erstlich sieben Soehne und danach ebenso viele Toechter verlor, 
ueberschwer beladen von Verlusten, endlich in einen Felsen verwandeln, um diese dumpfe, 
stumme und taube Fuehllosigkeit anschaulich zu machen, die uns durchdringt, wenn die 
Schlaege, die uns treffen, ueber unsere Kraefte gehen. Fuerwahr, die Gewalt einer 
Kraenkung muss, wenn sie zum Aeussersten geht, die ganze Seele bestuerzen und ihrer 
freien Regungen berauben, so wie es uns im jaehen Erschrecken ueber eine unheilvolle 
Nachricht widerfaehrt, uns beklommen, erstarrt und wie in allen Gliedern gelaehmt zu 
fuehlen. Wer sagen kann, wie er brennt, steht in schwachem Feuer - sagt Petrarca, um eine 
unertraegliche Leidenschaft zu beschreiben. Alle Leidenschaften, die man wiederkaeuen 
kann, ohne sich den Gaumen dabei zu verbrennen, koennen nur lau sein. Leichte 
Bekuemmernis redet, unendliche verstummt, meint Seneca.  

So viel zu den Schwierigkeiten der Ueberlebenden des Horror Teutonicus, darueber zu 
sprechen.  

Piso, der Schwiegersohn Ciceros, in allen uebrigen Dingen ein Mann von unbescholtener 
Rechtschaffenheit, war ueber einen seiner Soldaten ergrimmt, weil er allein vom Futterholen 
zurueckkehrte und ihm keine Auskunft ueber das Verbleiben seines Begleiters geben 
konnte, und da er es fuer erwiesen hielt, dass er ihn umgebracht habe, verurteilte ihn 
ungesaeumt zum Tode. Als er unter dem Galgen stand, traf unverhofft sein verschollener 
Gefaehrte ein. Das ganze Heer war darueber in Jubel, und nach vielen Umarmungen und 
Kuessen der beiden Kameraden fuehrte der Henker sie beide vor Piso, und alle 
umstehenden erwarteten nichts anderes, als dass dieser Ausgang ihm selbst eine grosse 
Freude waere. Aber gerade das erfand seinen Zorn, der sich noch nicht gelegt hatte und 
mit einer Spitzfindigkeit, die ihm sein kochendes Gemuet auf der Stelle eingab, heckte er 
drei Schuldige aus, wo er einen Unschuldigen gefunden hatte, und liess sie alle drei 
aufknuepfen: den ersten Soldaten, weil sein Urteil gesprochen war; den zweiten, der sich 
verirrt hatte, weil er am Tode seines Gefaehrten schuld war; und den Henker, weil er dem 
gegebenenBefehl nicht gehorcht hatte.  

So viel zu den Schwierigkeiten der Deutschen ueber den von ihnen angerichteten Horror zu 
sprechen.  

Kein Ende  
 

  

  

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Jewish Submarine under the command of Captain Chaim Piast
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